Faltohren sind nicht süß, sondern schmerzhaft.
Osteochondrodysplasie oder kurz OCD ist eine genetische Erkrankung, die insbesondere bei der Rasse der Scottish Fold auftritt. Diese Krankheit betrifft das Knochen- und Knorpelgewebe und führt zu schmerzhaften Deformationen und Bewegungseinschränkungen. Die Osteochondrodysplasie ist eng mit dem typischen Merkmal der Scottish Fold, den nach vorne gefalteten Knickohren, verbunden, da die Mutation, die für dieses Merkmal verantwortlich ist, auch die Ursache für OCD ist.
Genetische Grundlage und Entstehung
Die Osteochondrodysplasie wird durch eine Mutation im TRPV4-Gen verursacht. Dieses Gen spielt eine Rolle bei der Regulierung des Kalziumhaushalts in Knorpel- und Knochenzellen. Die Mutation führt zu einer abnormalen Entwicklung und Mineralisation des Knorpels, was sich schließlich auf das Knochenwachstum auswirkt. Die Erkrankung tritt autosomal-dominant auf, was bedeutet, dass eine Katze nur eine Kopie des mutierten Gens benötigt, um betroffen zu sein.
Bei der Scottish Fold ist diese Mutation auch für die charakteristischen gefalteten Ohren verantwortlich. Leider ist derselbe genetische Defekt, der die Knickohren verursacht, auch für die krankhaften Veränderungen im Knochen- und Knorpelgewebe verantwortlich. Dies bedeutet, dass alle Scottish Fold-Katzen zumindest ein hohes Risiko für die Entwicklung der Osteochondrodysplasie haben. Katzen, die zwei Kopien des mutierten Gens (homozygot) tragen, sind schwerer betroffen als jene, die nur eine Kopie besitzen (heterozygot).
Symptome und Krankheitsverlauf
Die Symptome der Osteochondrodysplasie können bereits in einem sehr frühen Alter auftreten, manchmal schon im Kittenalter. Die Krankheitszeichen sind progressiv und verschlimmern sich mit der Zeit. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Veränderungen im Gangbild: Betroffene Katzen zeigen oft einen steifen, unregelmäßigen Gang. Sie bewegen sich weniger geschmeidig und können Schwierigkeiten beim Springen oder Laufen haben.
- Deformitäten der Gliedmaßen: Die Knochen und Gelenke der betroffenen Katzen entwickeln sich abnormal, was zu Verkürzungen oder Verdickungen der Gliedmaßen führt. Besonders häufig betroffen sind die Vorderpfoten, die aufgrund der Verformungen „aufgebogen“ erscheinen können.
- Gelenkschmerzen und -schwellungen: Die Katzen leiden oft unter chronischen Schmerzen, insbesondere in den betroffenen Gelenken. Dies kann zu einer verminderten Aktivität, Appetitlosigkeit und einer allgemeinen Abgeschlagenheit führen.
- Veränderungen der Wirbelsäule: In schweren Fällen können auch die Wirbel betroffen sein, was zu einer Einschränkung der Beweglichkeit und zu Rückenproblemen führt.
- Schmerzempfindlichkeit: Viele betroffene Katzen reagieren empfindlich auf Berührungen im Bereich der betroffenen Gelenke und können bei intensiver Bewegung oder Manipulation starke Schmerzen zeigen.
Die Symptome verschlimmern sich oft mit zunehmendem Alter, was zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität führt. In schweren Fällen kann die Krankheit zu einer vollständigen Immobilität führen, was schließlich eine Euthanasie erforderlich machen kann.
Diagnose
Die Diagnose der Osteochondrodysplasie basiert auf einer Kombination aus klinischen Symptomen, Röntgenuntersuchungen und einer gründlichen Anamnese. Die typischen Anzeichen und das Wissen um die genetische Prädisposition der betroffenen Rasse geben dem Tierarzt bereits erste Hinweise.
- Klinische Untersuchung: Während der klinischen Untersuchung wird der Tierarzt auf Anzeichen von Schmerzen, Gelenkschwellungen und Deformitäten achten. Der Bewegungsablauf der Katze wird genau beobachtet, um Unregelmäßigkeiten im Gangbild festzustellen.
- Röntgenuntersuchungen: Röntgenbilder sind ein zentrales diagnostisches Werkzeug bei der Osteochondrodysplasie. Sie zeigen die typischen Veränderungen in den Knochen und Gelenken, wie verdickte oder deformierte Knochen und veränderte Gelenkstrukturen. Röntgenaufnahmen der Gliedmaßen und der Wirbelsäule geben Aufschluss über den Schweregrad der Erkrankung.
- Genetische Tests: In einigen Fällen kann ein genetischer Test durchgeführt werden, um die Mutation im TRPV4-Gen nachzuweisen. Dies ist besonders bei Zuchtkatzen relevant, um das Risiko der Weitergabe der Erkrankung an Nachkommen zu beurteilen.

Behandlung und Management
Die Behandlung der Osteochondrodysplasie zielt in erster Linie darauf ab, die Schmerzen der betroffenen Katze zu lindern und ihre Lebensqualität zu verbessern. Eine vollständige Heilung der Krankheit ist aufgrund ihrer genetischen Natur nicht möglich. Die Therapie umfasst in der Regel eine Kombination aus medikamentöser Behandlung, physikalischer Therapie und Anpassungen im Lebensumfeld der Katze.
- Schmerztherapie: Schmerzmittel (Analgetika) und entzündungshemmende Medikamente (NSAR) sind zentrale Bestandteile der Behandlung. Sie helfen, die mit der Osteochondrodysplasie verbundenen Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit der Katze zu verbessern. Die Dosierung und Auswahl der Medikamente müssen individuell auf die Katze abgestimmt werden, um Nebenwirkungen zu minimieren.
- Physiotherapie: Regelmäßige physiotherapeutische Maßnahmen können helfen, die Gelenkfunktion zu erhalten und die Muskulatur zu stärken. Dies kann die Mobilität der Katze verbessern und ihre Lebensqualität steigern.
- Diät und Gewichtskontrolle: Übergewicht belastet die Gelenke zusätzlich und verschlimmert die Symptome der Osteochondrodysplasie. Eine ausgewogene Ernährung und eine strikte Gewichtskontrolle sind daher essenziell, um die Belastung der Gelenke zu minimieren.
- Anpassungen im Lebensumfeld: Das Lebensumfeld der betroffenen Katze sollte möglichst gelenkschonend gestaltet werden. Dazu gehören leicht zugängliche Schlafplätze, Rampen oder Treppen, die das Springen reduzieren, und weiche Liegeflächen, die den Druck auf die Gelenke verringern.
Prävention
Da die Osteochondrodysplasie eine genetische Erkrankung ist, liegt der Schwerpunkt der Prävention auf der verantwortungsvollen Zuchtpraxis. Die Vermeidung der Zucht mit betroffenen oder tragenden Tieren ist entscheidend, um die Ausbreitung der Krankheit in der Population zu verhindern.
- Zuchtauswahl: Generell sollten Scottish Fold-Katzen nur mit nicht betroffenen Katzenrassen (z. B. British Shorthair) verpaart werden, um das Risiko der Vererbung der Krankheit zu minimieren. Die Zucht von homozygoten Scottish Folds (die zwei Kopien des mutierten Gens tragen) sollte vermieden werden, da diese Tiere besonders schwer betroffen sind.
- Genetische Tests: Vor der Zucht sollten genetische Tests durchgeführt werden, um festzustellen, ob eine Katze Träger des mutierten Gens ist. Dies ermöglicht eine informierte Zuchtauswahl und hilft, das Auftreten der Krankheit in der Population zu reduzieren.
Langzeitmanagement und Prognose
Das Langzeitmanagement der Osteochondrodysplasie erfordert eine kontinuierliche Überwachung und Anpassung der Behandlung, um die Schmerzen zu kontrollieren und die Mobilität der Katze so lange wie möglich zu erhalten. Regelmäßige tierärztliche Kontrollen sind notwendig, um den Verlauf der Krankheit zu überwachen und die Therapie entsprechend anzupassen.
Die Prognose für Katzen mit Osteochondrodysplasie hängt vom Schweregrad der Erkrankung ab. Katzen mit einer milden Form der Krankheit können bei guter Pflege und angemessener Behandlung eine akzeptable Lebensqualität über mehrere Jahre hinweg behalten. Bei schweren Fällen kann die Krankheit jedoch schnell fortschreiten und die Katze erheblich beeinträchtigen. In solchen Fällen ist die Lebensqualität stark eingeschränkt, und eine humane Euthanasie kann in Betracht gezogen werden, um weiteres Leiden zu verhindern.
Ethik und Zuchtpraxis
Die Zucht von Scottish Fold-Katzen ist aufgrund der mit der OCD verbundenen Gesundheitsrisiken ethisch umstritten. Viele Tierärzte und Tierschutzorganisationen plädieren dafür, die Zucht dieser Rasse zu regulieren oder zu stoppen, um das Leiden der betroffenen Katzen zu vermeiden. Einige Länder und Regionen haben bereits Zuchtbeschränkungen oder -verbote für Scottish Fold-Katzen eingeführt.